Große Pflanzenbestände zu bekämpfen ist langwierig, mühsam und oftmals auch nicht erfolgreich. Daher sollte vor der Bekämpfung eingewanderter Arten in einem Gebiet gründlich abgewogen werden. Eine ernsthafte Gefährdung von Schutzgütern liegt beispielsweise vor, wenn invasive gebietsfremde Arten in Naturschutzgebiete eindringen, eine deutliche Ausbreitungstendenz aufweisen und hier heimische Arten der Flora verdrängen. Eine pauschale Bewertung ist jedoch nicht zulässig und aufgrund der hohen Kosten auch nicht sinnvoll. Es sollte jeder Einzelfall separat betrachtet werden.[1]
Aus rechtlicher Sicht gilt §40 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG): Geeignete Maßnahmen sind zu treffen, um invasive Arten zu beseitigen oder zu kontrollieren und deren weitere Ausbreitung zu verhindern.
Als mögliche Maßnahmen gegen gebietsfremde Arten kommen, je nach ihrem Etablierungsstand, eine Ausrottung oder (wenn dies nicht mehr möglich ist) eine Eindämmung und Kontrolle in Betracht. Bekämpfungsmaßnahmen von Neophytenbeständen werden eher zurückhaltend umgesetzt. HOLLJESIEFKEN vermutet als Grund hierfür die „vielfältigen damit verbundenen Unsicherheiten. Insbesondere stehen häufig unklare Erfolgsaussichten erheblichen finanziellen und organisatorischen Aufwendungen gegenüber.“[2]
Die Beseitigung invasiver Neophyten erfordert geeignete Maßnahmen und deren konsequente Durchführung. Ansatzpunkt der Bekämpfungsstrategie ist die jeweilige Reproduktion der Pflanzenarten.
Für einen nachhaltigen Erfolg der Bekämpfung ist generell das anfallende Schnitt- und Aushubgut vollständig von der Fläche zu entfernen. So wird verhindert, dass Samen an den geschnittenen Pflanzen nachreifen, das Pflanzenteile wieder austreiben oder bestimmte Ausbreitungsvektoren wie Überschwemmungen an Fließgewässern, Wind, Tiere oder Menschen zur Erschließung neuer Standorte führen. Zusätzlich wird die Etablierung heimischer Arten begünstigt.[3]
Hinsichtlich des Mechanisierungsgrades der Bekämpfungsmethodik gilt zu beachten, dass die Begleitvegetation möglichst unbeschadet bleiben sollte, um die Verdrängung durch erhöhten Konkurrenzdruck zu beschleunigen. Befallene Standorte zeichnen sich häufig durch Unzugänglichkeit (Untergrund, Hanglage, etc.) für Maschinen aus. Kramer et al. (2009)[4] zeigen in einem Praxisprojekt zur Bekämpfung von Neophyten, dass die genannten Restriktionen folgende Arbeitsweisen erforderlich machen: Händisches Ausreißen, Mahd mit der Sense oder dem Freischneider und Tragen des Schnittgutes zum Parzellenrand.
Da bereits ein einzelnes Individuum einen erneuten Invasionsprozess auslösen kann ist eine erfolgreiche Bekämpfung invasiver Neophyten nur bei ordnungsgemäßer und gründlicher Durchführung mit vollständiger Beseitigung jeder einzelnen Pflanze möglich. Es gilt daher, das theoretische Biomassepotential möglichst vollständig zu erschließen. Eingesetzte Hilfsmittel sind nach dem Einsatz an Ort und Stelle zu reinigen, damit keine Pflanzenbestandteile verschleppt werden. Beim Transport muss eine Verbreitung unbedingt vermieden werden. Hierfür eignet sich beispielsweise ein Ladewagen mit Netzabdeckung. Die behandelten Flächen sollten bis zur vollständigen Befreiung in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden.
Zusammenfassend bedeutet das, dass ein besonders aufmerksamer Umgang mit dem geernteten Material zu erfolgen hat, um eine beschleunigte Ausbreitung zu verhindern. Das heißt auch, dass eine normale Abgabe des Materials auf einer Grüngutsammelstelle nicht zweckdienlich ist, denn Lagerflächen müssen versiegelt und von natürlichen Verbreitungsmechanismen, wie z.B. Wind geschützt sein. Auch beim Transport des Pflanzenmaterials ist Vorsicht und Achtsamkeit gefordert, um dem herunterfallen und unbeabsichtigte Ausbreiten vorzubeugen.
Dementsprechend ist es wichtig zu verdeutlichen, dass dieses Pflanzenmaterial nicht kompostgeeignet ist und auch nicht wild entsorgt werden kann. Kapitel 3 befasst sich mich Verwertungsmöglichkeiten des problematischen Pflanzenmaterials.
In den nachfolgenden Kapiteln 2.3.1 bis 2.3.4 werden Handlungsempfehlungen bezüglich der Methode und des Zeitpunktes zur Bekämpfung einzelner Neophytenarten dargestellt. Auch etwaige Ertragspotenziale werden prognostiziert.
Anmerkung: Es gibt Akteure die Neophyten mit Herbiziden bekämpfen. Wir empfehlen jedoch im Sinne des Gewässer-, Grund- und Naturschutzes mechanische und manuelle Methoden zur Bekämpfung von Neophyten-Beständen, die ebenfalls zielführend sind.
Ein detaillierter Maßnahmen Katalog zum Umgang mit den Neophytenarten und zum Biomasseertragspotenzial finden Sie in unserem Leitfaden.
Weiterführende ausführliche Informationen zu den Grundsätzen der Neophytenbekämpfung erhalten Sie hier ...
Quellen: [1] Müller, Westhus & Amft 2005: 25, 28; Bundesamt für Naturschutz 2008: 43; Zentralverband Gartenbau 2008: 2
[2] Holljesiefken 2007: 33. Beispielhaft angeführt sei ein 1998 in Hamburg-Wandsbek begonnenes Pilotprojekt zur Ausrottung des Riesen-Bärenklaus: Bis 2005 wurden die Bestände auf öffentlichen Flächen nach umfangreichen Vorarbeiten unter Einsatz zahlreicher Freiwilliger und später auch der Hilfe von bis zu 30 Beschäftigen durch Ausgraben vernichtet. Ausgenommen hiervon waren jedoch die Bestände auf Privatflächen, von denen weiterhin eine sehr große Ausbreitungsgefahr ausging.
[3] BfN 2018a: o.S.; BfN 2018b: o.S.; BfN 2018c: o. S.; Land Vorarlberg 2019d: o.S.
[4] M. Kramer, O. Renner, M. Modrý et. al.: Innovatives Neophytenmanagement im Dreiländereck – Am Beispiel des Einzugsgebietes der Neiße (2009). Förderprojekt der DBU (AZ 25363/01)